Witz, Verstand und Gesundheit versauffen

1705 schockte ein Brandwein- und Tanzverbot die Schützen

Etwa ab 1608 gingen die Schützenfeste weiter. Im Jahre 1614 legten die beiden Provisoren der Gilde, Heinrich Bramsel und Melcher Hemmerde, den Rechnungsbericht für die vergangenen sechs Jahre vor. Im 30jährigen Krieg, der 1648 endete, musste die Schützengilde nur allzu oft Leib, Leben und Güter der Waltroper schützen, und schon kurz nach dem Friedensschluss wurde wieder ein Fest in Waltrop gefeiert. Das beweißt die Zahl MDCXLVIII (1648) auf einem Schützenkönigsschild.

Das erste Schützenfest, das urkundlich überliefert ist, datiert vom 8. Mai 1680. Damals luden die beiden Gildemeister den Junker und Erbherrn Wennemar von Bodelschwingh ein „zu Mittag in Waltrop an der Behausung Johannes von Leunink zu erscheinen und nach gehaltenem Mittag mit den sämtlichen Kirchspielleuten den Vogel abzuschießen und danach dem König sein Königsspiel mit Freunden vollziehen zu helfen“. Wie dieses Fest und die, die dann folgten, abliefen, ist nicht festgehalten. Vermerkt wurde der Lokalpatriotismus der Waltroper, die kein angereiste Kapelle für ihr Fest verpflichten wollten, „sondern nur einen Organisten, die Violine zu streichen“. Eine der wenig notierten, weil bemerkenswerten Ausnahmen datiert aus dem Jahr 1682, als der Erzbischof und Kurfürst zu Köln eine altes Verbot, Brandwein aus Korn zu brennen, verschärfte. Der Grund lag damals für den geistlich-weltlichen Herrn auf der Hand: „Weil das Trinken von Brandwein unter dem gemeinen Manne vor- und nachmittags auch gar über Tisch fast aller Orten in schwang gehet, also daß die Leute, wie es den Augenschein gibt, Witz, Verstand und Gesundheit versauffen“. 1705 schob das Domkapitel noch einen nach und erließ ein Branntwein- und Tanzverbot und wies die Ordnungsbehörden an, „an Sonn- und Feiertagen auf vornehmendes Fressen, Saufen, Tanzen, Springen und dabei vorgehende Übeltaten fleißig Achtung zu haben.“ Wer denn nun den Vogel abschoss, dass ist erst seit 1791 festgehalten. Eine ganze Reihe von Schützenfesten sind nicht aufgeführt, die Kette erhielt hierfür keine Königsschilder, wie etwa das Fest von 1793. Oder jene Feste nach dem Ende der französischen Besetzung 1822, 1824,1827, 1835, 1836, 1843 und 1844. 1867 wurde Josef Pieners, Wirt im „Sonnenaufgang“ König. 1867 wurde ein „Bürgerschützenfest“ auf Overthuns Holzplatz an der Leveringhäuser Straße gefeiert. Hier wurde der kurz zuvor neu gewählte Oberst Wilhelm Overthun König. Und bemerkenswert dürfte sein, dass hier erstmals von einer Königin an seiner Seite die Rede war; Mathilde Sauer. 1869 wurde Johann Friehoff Schützenkönig, mit Ehefrau an seiner Seite, und 1873 nach einer Zwangspause durch den deutsch-französischen Krieg, schoss Franz Lackmann den Vogel ab. Von einem großen Schützenfest wurde dann erst wieder 1887 berichtet, und bei 286 beteiligten Schützen siegte Franz Dirks beim Vogelschießen.